Mit dem Verhältnis zum Arbeitgeber verhält es sich in meiner Generation so ein klein wenig wie mit einer Ehe. Je länger es dauert, desto eher ist man geneigt, daran festzuhalten. Immer vorausgesetzt, eine gewisse Grundzufriedenheit ist vorhanden, nimmt man auch das ein oder andere Tief in Kauf, ohne direkt an Scheidung zu denken oder sich auf dem Markt vorsorglich schon einmal nach einer neuen Braut bzw. einem neuen Bräutigam umzuschauen. Scheiden tut schließlich weh und der Trennungsschmerz wird über die Jahre meist auch eher größer statt kleiner.
So oder zumindest so ähnlich gestaltet sich wohl in großen Teilen der Generation Y der Blick auf die Arbeitswelt. Und wenn wir Mid-Ager einen Blick auf unsere Elterngeneration werfen, werden wir feststellen, dass hier der Treuebegriff bezogen auf den Arbeitgeber zum Teil noch deutlich ausgeprägter war. Nicht selten finden sich hier Unternehmenszugehörigkeiten von 20, 30 oder noch mehr Jahren. Wenn man seinen Platz einmal gefunden hatte, dann verweilte man auch da.
Anders verhält es sich da in der Generation Z, die seit einigen Jahren dabei ist, den Arbeitsmarkt zu erobern. Diese Generation ist bereits komplett mit digitalen Technologien aufgewachsen, Internet und Smartphone gehören zum Alltag und sind aus dem Leben nicht mehr wegzudenken. Und so, wie unserer modernen Zeit immer wieder (und teilweise sicher auch zu Recht) eine gewisse Schnelllebigkeit unterstellt wird, hat sich in dieser Generation auch eine andere Einstellung gegenüber der Arbeitswelt entwickelt. Um im Bild zu bleiben, finden hier langjährige Beziehungen immer weniger Anklang, während kürzere, stürmische Affären das Verständnis von einer Partnerschaft ausmachen. Jobhopping bezeichnet diesen, ursprünglich aus den USA stammenden Trend, der sich auch hierzulande mehr und mehr durchsetzt. Doch was ist denn nun besser? Lebenslange Treue oder immer wieder neue Abenteuer?
Können Sie nichts anderes oder sind Sie einfach nur zu faul?
Zugegeben, diese Frage mag überspitzt und provokant sein, stellt aber genau den Zwiespalt recht gut dar, den eine sehr lange Zugehörigkeit zu einem Unternehmen irgendwann mit sich bringen kann. Es ist wohl unbestritten, dass die Treue zum Arbeitgeber in vielerlei Hinsicht Vorteile bietet, sowohl für den Arbeitnehmer als auch für den Arbeitgeber. So sorgt ein langjähriges Beschäftigungsverhältnis beim Angestellten schlicht auch für ein hohes Maß an persönlicher Sicherheit. Man bewegt sich in einem vertrauten Umfeld, man kennt neben den handelnden Personen nach einiger Zeit die meisten internen Prozesse und es entwickeln sich oft, abhängig auch immer von der jeweiligen Unternehmenskultur, Beziehungen zu anderen Mitarbeitern, die über das einfache Verhältnis unter Kollegen hinausgehen. Man steht sicher in Lohn und Brot, erwirbt sich über die Jahre hohes Fachwissen und pflegt während der Arbeitszeit idealerweise Freundschaften, die dem Arbeitsklima zuträglich sind.
Auch für den Arbeitgeber sind die positiven Aspekte einer langen Betriebszugehörigkeit leicht zu erkennen. Je länger ein Arbeitnehmer bereits beschäftigt ist, desto loyaler wird er in den meisten Fällen dem Unternehmen gegenüberstehen. Er identifiziert sich mit seinem Arbeitgeber, liefert verlässlich ab und wird im Zweifel auch eher bereit sein, Mehrarbeit zu leisten. Grundlose oder vermeidbare Krankschreibungen sind ebenso wenig zu erwarten wie negative Äußerungen über den eigenen Arbeitgeber in der breiten Öffentlichkeit. Eine solche Loyalität ist also ein hohes Gut. Und doch birgt sie, wie in der Eingangsfrage bereits angedeutet, auch andere Seiten. Denn irgendwann kann aus einem Gefühl persönlicher Sicherheit auch Bequemlichkeit entstehen.
Warum sich denn anstrengen? Ich gehöre hier doch eh zum Inventar, da kann mir keiner was.
Diese Einstellung kann sich, oft ganz unbewusst, im Laufe der Jahre entwickeln, wenn Reizpunkte und Herausforderungen im Alltag fehlen. Die Kenntnis interner Prozesse kann sich zur sogenannten Betriebsblindheit entwickeln und das eigene, über die Jahre verfestigte Fachwissen den Blick über den Tellerrand hinaus verstellen. Aus Freundschaft kann Klüngel entstehen, der sich dann äußerst nachteilig auf das interne Klima auswirkt. Solche Faktoren wirken sich naturgemäß leistungshemmend aus, gefährden damit den Unternehmenserfolg und machen auch die Situation auf dem Arbeitsmarkt für den Arbeitnehmer deutlich schwerer, wenn es irgendwann und aus welchen Gründen auch immer dann doch einmal zur Scheidung kommt.
Warum wurde das Arbeitsverhältnis nach so langer Zeit plötzlich beendet? Kann mein Bewerber sich überhaupt auf ein ihm unbekanntes Umfeld einstellen? Ist er der neuen Aufgabe gewachsen, wo er doch über zig Jahre ein und derselben Tätigkeit nachgegangen ist? Diese Fragen können sich einem neuen, potenziellen Arbeitgeber stellen und ihre Beantwortung zur hohen Hürde auf dem Weg zur Einstellung werden.
Flexibilität oder Orientierungslosigkeit? Was Jobhopping reizvoll aber auch gefährlich macht.
Das Risiko der eben beschriebenen Faktoren wird beim Jobhopping naturgemäß minimiert. Wer alle zwei bis drei Jahre den Arbeitgeber wechselt, läuft kaum Gefahr, in eine Form der Betriebsblindheit oder geistigen Stillstand zu verfallen. Wer nicht rastet, der rostet auch nicht. Und so werden auch die Vorteile dieses Trends schnell deutlich, denn im Grunde kennt sie jeder von uns schon aus der eigenen Erfahrung.
Beginne ich eine neue Tätigkeit, bin ich automatisch motiviert. Ich möchte meinem Arbeitgeber schließlich gefallen und einen guten Eindruck hinterlassen. Wer sich häufig neuen Herausforderungen stellt, beweist zudem auch ein gewisses Maß an Mut sowie die Fähigkeit, sich immer wieder in verschiedenste Aufgabengebiete hineindenken und einarbeiten zu können. Daraus ergibt sich schnell ein breites Fachwissen und ein hohes Maß an Berufserfahrung. Ebenfalls nicht unerheblich ist der finanzielle Aspekt. Das eigene Gehalt zu steigern gestaltet sich bei einem Arbeitgeberwechsel oft leichter als im Rahmen einer innerbetrieblichen Karriere. Und wer nicht völlig an seinen Arbeitgeber gebunden ist, dem bieten sich auch deutlich flexiblere Möglichkeiten in der gesamten Lebensgestaltung.
Werden wir jetzt also alle einfach zu Jobhoppern und finden so unser berufliches Glück? Eher nicht, denn wie immer gibt es auch hier eine Kehrseite.
Sieht der eigene Lebenslauf nämlich irgendwann aus wie ein Flickenteppich, besteht durchaus die Gefahr, dass die Personalabteilung des Wunscharbeitgebers statt Flexibilität eher Planlosigkeit erkennt. Wer sagt denn außerdem, dass hinter den häufigen Wechseln immer nur der Arbeitnehmerwunsch stand? Hinsichtlich Loyalität und Verlässlichkeit können leicht Zweifel entstehen, da das Aufbauen von (gegenseitigem) Vertrauen eben Zeit benötigt. Welches Unternehmen wünscht sich denn nicht Mitarbeiter, die echte Identifikation leben? Und auch der Arbeitgeber selbst wird feststellen, dass die Einarbeitung in immer wieder neue Prozesse und Aufgabengebiete das Gefühl echten beruflichen Erfolgs eher hemmt, unabhängig von den Zahlen auf der Gehaltsbescheinigung.
(K)ein Fazit
So bleibt am Ende wohl nur die Erkenntnis, dass es den einen, ultimativen Weg im Arbeitsleben gar nicht gibt. Wer ewig treu bleibt, der vermisst womöglich irgendwann das Abenteuer und den Reiz des Unbekannten. Wer immer Neues austestet und stets die Herausforderung sucht, dem fehlt vielleicht irgendwann Beständigkeit im Leben. Und unsere Ansichten hierzu werden immer geprägt sein von den Einflüssen der Welt um uns herum.
Sicher bin ich mir allerdings zumindest in einem: Wer morgens aufwacht und mit einem guten Gefühl in seinen Arbeits(all)tag startet, der hat für sich persönlich alles richtig gemacht. Dann hat man offensichtlich auch den Arbeitgeber gefunden, der einem innerhalb des Unternehmens Entwicklungsmöglichkeiten und immer wieder neue Chancen bietet. Diese gilt es dann nur noch zu nutzen.
Photo by Brendan Church on Unsplash