Alles in Deckung, der Chef kommt…
Beinahe jeder von uns kennt diese Situation am Arbeitsplatz aus eigenem Erleben: Von einer Sekunde auf die andere verstummen eben noch angeregt geführte Gespräche, die entspannte Haltung im Bürostuhl weicht einer angestrengten Konzentrationspose, die gefühlte Raumtemperatur scheint sich aus dem Nichts um mehrere Grad abzukühlen. Und das alles nur, weil unser Chef oder unsere Chefin die Firma betritt und – schlimmer noch – gar Kurs auf unser Büro nimmt. Mag diese Darstellung auch etwas überspitzt ausfallen, so beschreibt sie doch recht gut das oft etwas angespannte, distanzierte und von der Hierarchie geprägte Verhältnis zwischen Angestellten und deren Führungskräften. Dabei wünschen sich oft genug beide Seiten das genaue Gegenteil und gerade Führungskräfte stellen sich die Frage, wie sie sich verhalten können, um ein wenig die Anspannung aus dem beruflichen Miteinander zu nehmen.
Daher möchten auch wir uns heute einmal dieser Thematik widmen und Ihnen abseits von Workshops und Seminaren zu Führungsstilen und Leitlinien einige Tipps geben, wie Sie in Ihrer Rolle als Führungskraft als das wahrgenommen werden, was Sie schließlich auch sind: ein normaler Mensch.
Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.
Und dieser Wille ist, unabhängig von allen gut gemeinten Ratschlägen, das Wichtigste. Nur wer tatsächlich ein entspanntes, ungezwungenes Verhältnis zu seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern haben möchte, wird dieses auch erreichen. Klar ist dabei, dass es diesen einen universellen Rat, der alle Hindernisse beiseite räumt und aus Ihnen über Nacht den beliebtesten Chef oder die sympathischste Chefin macht, nicht gibt. Ihr Team besteht mit Sicherheit aus den verschiedensten Persönlichkeiten, die allesamt unterschiedliche Bedürfnisse und Erwartungen haben. Dies gilt umgekehrt aber natürlich auch für Führungskräfte. Jeder Mensch ist anders und es hilft Ihnen nicht, wenn Sie im Arbeitsalltag permanent versuchen, eine Rolle zu spielen, nur weil Sie allen und jedem gefallen möchten. Konzentrieren Sie sich stattdessen auf einige Elemente, die jeder von uns ohnehin in sich trägt oder zumindest verhältnismäßig leicht umsetzen kann. Wie also verwandle ich bloßen Respekt in Sympathie?
Seien Sie da.
Angesichts des Eingangs skizzierten Szenarios mag dies zunächst ein wenig paradox erscheinen, aber Präsenz ist das A und O, wenn Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Sie künftig mit mehr als nur ehrfürchtigen (oder schlimmstenfalls ängstlichen) Blicken empfangen sollen. Einer Vielzahl von Führungskräften ist nämlich eins gemein: Je höher deren Position im jeweiligen Unternehmen, desto seltener sieht man sie an der Basis. Und wie genau sollen denn Ihre Angestellten eine Beziehung zu Ihnen aufbauen, wenn man Sie in etwa so selten sieht wie einen Löwen in der Steiermark?
Zeigen Sie sich, seien Sie greifbar und lassen Sie Ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen wissen, dass Sie ebenso ein ganz normaler Bestandteil des Unternehmens sind. Auch eine „Politik der offenen Tür“ kann hier helfen. Ein verschlossenes Büro schafft Distanz und signalisiert automatisch, dass man nicht gestört werden möchte, selbst wenn dies so vielleicht gar nicht der Fall ist. Jedes Mitglied Ihres Teams wird sich dann dreimal überlegen, ob ein Klopfen sich lohnt oder man nicht lieber gleich wieder seiner Wege geht. Durch eine offene Tür tritt es sich da schon wesentlich leichter.
Seien Sie nahbar.
Präsenz allein reicht aber natürlich nicht aus, um Sie bei Ihren Teammitgliedern zu einer beliebten Führungskraft zu machen. Hierzu ist es unabdingbar, auch ein gewisses Maß an menschlicher Nähe zuzulassen. Dies steht auch keineswegs im Widerspruch zu einer notwendigen, professionellen Distanz, ganz im Gegenteil. Nur wenn Sie Ihr Team und dessen Befindlichkeiten kennen, können Sie dieses angemessen führen und auf Alltagssituationen reagieren. Und auch umgekehrt ist es notwendig, dass Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Sie sowie Ihre Verhaltensweisen einschätzen können.
Im beruflichen Alltag ist dies oft gar nicht so einfach zu erreichen, doch es bieten sich auch andere Möglichkeiten. In vielen Unternehmen sind Firmenevents, Feiern und auch Sportveranstaltungen zu einem Teil der Kultur geworden. Sondern Sie sich hier nicht ab, sondern werden Sie ein Teil davon. Eine bessere Möglichkeit werden Sie nicht finden, um Ihre Angestellten kennenzulernen und diesen umgekehrt auch einen Einblick in Ihre eigene Persönlichkeit zu bieten. Stellen Sie sich einfach einmal die Frage, was Ihnen lieber wäre. Eine Führungskraft, die bei jeder Party zuerst verschwindet (bzw. sich dort erst gar nicht blicken lässt) oder Vorgesetzte, mit denen Sie entspannt bei Bier und Wein auch mal das Fußballspiel vom Vorabend analysieren können? Die Antwort auf diese Frage bietet einen wichtigen Hinweis, wie Sie sich vielleicht auch selbst verhalten sollten.
Seien Sie transparent und ehrlich.
Doch auch im Arbeitsalltag haben Sie die Möglichkeit, noch weitere Sympathiewerte zu gewinnen. Ganz einfach, indem Sie Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter teilhaben lassen an Ihren Plänen, Ideen, Visionen sowie den Wegen, die hierbei ans Ziel führen sollen. Natürlich gibt es auch Dinge, die nicht für aller Ohren bestimmt sind, aber wann immer möglich, nehmen Sie Ihr Team mit. Dies gilt auch dann, wenn man mit einer seiner Ideen einmal scheitert und eine neue Richtung einschlagen will oder muss. Ein solches Maß an Offenheit und Ehrlichkeit wird man Ihnen danken, denn es zeigt, dass Sie Ihrem Team vertrauen und Sie es als einen elementaren Bestandteil Ihres eigenen Erfolges ansehen. Und wer Vertrauen gibt, bekommt es in aller Regel eben auch zurück.
Und trotzdem werden Sie nicht jeden kriegen…
Das ist ein Fakt, mit dem Sie leben müssen. Es ist am Arbeitsplatz eben nicht anders als im „normalen“ Leben. Man kann nun mal nicht jeden lieben und umgekehrt auch nicht erwarten, dass man selbst von jedermann gemocht wird. Es wird immer wieder Menschen geben, die mit uns als Person nichts anfangen können und sei es nur, weil einfach die so oft zitierte Chemie nicht stimmt. Das ist nicht schlimm und spielt im Grunde gar keine Rolle, solang ein respektvoller und kollegialer Umgang gewahrt wird.
Foto von Ben Rosett auf Unsplash